Sven Giegold

Besuch in Brüssel: Nur eine Interessenvertretung oder die Fünfte Gewalt?

 

Im Rahmen meines Praktikums im Regionalbüro bei Sven in Düsseldorf, hatte ich die Gelegenheit zusammen mit Interessierten der Grünen Jugend NRW und den der „Zukunftspiloten“ vom 27. bis zum 29. Mai nach Brüssel zu fahren. Das Schwerpunktthema dieser drei Tage war das Thema Lobbying in der EU. Dieses wurde uns durch Diskussionen, Vorträge und der Darstellung gegensätzlicher Lobbyverbände näher gebracht.

Besuch der Zukunftspiloten und der Grünen Jugend NRW in Brüssel
Besuch der Zukunftspiloten und der Grünen Jugend NRW in Brüssel

An unserem ersten Abend in Brüssel erhielten wir eine Lobbystadtführung vom „Corporate Europe Observatory“ im EU-Viertel von Brüssel. Corporate Europe Observatory ist eine Nichtregierungsorganisation die sich zum Ziel gemacht hat, die Lobbyarbeit in Brüssel zu  überwachen. Es wurde schnell deutlich, dass der Einfluss der 15000 LobbyistInnen in Brüssel einen großen Stellenwert hat, da theoretisch ungefähr 20 von ihnen auf eine ParlamentarierIn kommen. Jedoch beschränkt sich ihre Arbeit nicht nur auf die ParlamentarierInnen, sondern sie versuchen auch auf die Kommission und den Rat Einfluss zu nehmen. Im Gegensatz zu den USA müssen sich die LobbyistInnen nicht in ein verpflichtendes Register eintragen und nicht ihre Finanzen offenlegen. Bis jetzt gibt es nur eine freiwillige Registrierung, sodass niemand einen wirklichen Überblick über die genau Anzahl der LobbyistInnen und ihre finanziellen Mittel hat. Nach der Stadtführung war uns deutlich,  dass die Übersetzung „Interessenvertretung“ eine sehr positive Umschreibung für Lobbyismus ist.

Der weitere Abend stand uns zu freien Verfügung und wir konnten in der Altstadt die leckere belgische Schokolade und die typischen belgischen Pommes kosten.
Der nächste Tag begann mit
einer kleinen Einführung in die EU und ihre Organe. Anschließend besuchten wir die grün affine Lobby „Friends of the Earth Europe“.

Friends of the Earth Europe“ ist eine NGO, die sich dem Umweltschutz und der Klimagerechtigkeit verpflichtet hat. FOEE ist der europäische Dachverband, dem von deutscher Seite beispielsweise der BUND angehört. Wir wurden in die Arbeitsweise und den Aktionismus der Organisation eingeführt, die mit anschaulichem Material verdeutlicht wurden. Ebenfalls in diesem NGO-Haus hatten wir nach dem Mittagessen in der Bio-Kantine ein Treffen mit der Organisation „bankwatch“. Hier wird vor allem auf wirtschaftlicher Ebene das Thema Umweltschutz begleitet.

Als Kontrast dazu diente anschließend ein Besuch bei der Wirtschaftslobby „Business Europe“. Die Lobby vertritt die Interessen von 20.000 Unternehmen aus der gesamten EU in Brüssel. In einem Vortrag erhielten wir Einsicht in die Arbeit und die Strukturen dieser Lobby. Dies gipfelte in einer Diskussion, warum wirtschaftlich interessierte Lobbys, sich nicht stärker mit der ökologischen Nachhaltigkeit auseinandersetzen.

Danach ließen wir den Tag bei einem Abendessen mit Sven gemütlich ausklingen und erfuhren wissenswerte Details über ein neues Projekt „Finance Watch“.
LobbyistInnen können nämlich auch sehr hilfreich für PolitikerInnen sein, da sie Studien anfertigen und großes Detailwissen über ihr jeweiliges Themengebiet besitzen. Jedoch muss man immer berücksichtigen, dass sie auch dabei ihre Interessen vertreten wollen. Daher fordert Sven zusammen mit anderen Abgeordneten eine NGO im Finanz- und Bankensektor zu bilden, damit es eine Gegenposition zu den bisherigen Lobbyverbänden gibt und sich die Abgeordneten unabhängiger informieren können.

Am nächsten Morgen setzten wir unsere Diskussion mit Sven im Europäischen Parlament fort, wobei er uns seine Erfahrungen mit dem Lobbyismus in Brüssel schilderte: LobbyistInnen werden sehr kreativ, wenn es darum geht, Aufmerksamkeit zu erlangen. Sven zeigte uns verschiedenes Werbematerial der Lobbyverbände, welches von Kartenspielen bis zu Einladungen zu festlichen Empfängen reichte.
Wir erhielten weiterhin einen guten Überblick in die Arbeit der MitarbeiterInnen von Sven in Brüssel und in Düsseldorf.
Bas Eickhout, ein niederländischer Abgeordneter der Partei „Groen Links“, informierte uns anschließend über die umwelttechnisch wichtigen Themen in der EU und über die Zusammenarbeit der Grünen Fraktionen. Bei der anschließenden Führung durch das EU-Parlament besichtigten wir nicht nur den Plenarsaal, sondern besuchten auch die Büro-Etage der grünen Fraktion, wo wir die Abgeordnete der Grünen Jugend Ska Keller antrafen. Wir setzten unser Programm mit einem Besuch im Europäischen Rat fort. Dort bekamen wir einen allgemeinen Einblick und Überblick in die Arbeit des europäischen Rates durch einen Pressesprecher.

Es war interessant zu sehen, wie die einzelnen Organe in der EU funktionieren und welche Funktion die verschieden Lobbyverbände dabei übernehmen. Ob LobbyistInnen nun die Fünfte Gewalt im Staat sind oder einfach nur ihre Interessen vertreten wollen, ist wohl davon abhängig, auf welcher Seite man steht.

Mareike Bärmann

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Rubrik: Europaparlament

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