Sven Giegold

Heute im ND: Griechenland – Raus aus der Krise durch Solidarität, Solidität und Nachhaltigkeit

Das Neue Deutschland veröffentlicht heute in der Rubrik „Brüsseler Spitzen'“ meinen Gastkommentar.

Griechenland – Raus aus der Krise durch Solidarität, Solidität und Nachhaltigkeit

Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Eurogruppe und Olli Rehn, EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung, waren sich nach Ende des Eurogruppe-Treffens einig. Trotz seiner bisherigen Bemühungen müsste Griechenland noch mehr tun, um seine Staatsschulden abzubauen. Gleichzeitig befindet sich Griechenland in einer wirtschaftlichen Stagnation. Zahlreiche Demonstrationen gegen die Sparmaßnahmen haben außerdem gezeigt, dass die Menschen Alternativen zu dem von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds verordneten unsozialen Sparkurs fordern. Die ökonomische Spaltung Europas bedroht derzeit den Prozess der europäischen Vereinigung. Anstatt Schulmeistertum und Durchhalteparolen braucht Griechenland Solidarität und Nachhaltigkeit um den Weg aus der Krise zu finden.

Solidarität mit Griechenland heißt günstige Hilfskredite. Momentan bezahlt Griechenland für die EU-Kredite einen Zinssatz von rund 4,5%, der deutlich über den Kosten für Beschaffung und Verwaltung liegt. Deshalb verdienen Geberländer wie Deutschland an diesem „Hilfspaket“. Dies belastet die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Der hohe Zinssatz konterkariert somit die griechischen Bemühungen zum Schuldenabbau. Günstigere Kredite würden die Zinslast verringern.

Solidarität heißt auch, Deutschland muss als größter Handelspartner dazu beitragen, dass Griechenland sich wirtschaftlich wieder erholt. Faire Löhne und eine Verringerung des Niedriglohnsektors sind ein wichtiger Betrag, damit möglichst viele Menschen am Aufschwung teilhaben können. Zudem steigern sie Deutschlands Nachfrage nach ausländischen Gütern und ermöglichen den EU-Mitgliedsstaaten wie Griechenland oder Portugal mehr nach Deutschland zu exportieren und ihre Wirtschaft zu beleben.

Auch Solidität ist notwendig. Die exzessive öffentliche Verschuldung Griechenlands, die laut Kommission dieses Jahr auf rund 150% des Bruttoinlandsprodukt ansteigen wird, muss reduziert werden. Zukünftige Generationen  griechischer Bürger haben ein Recht auf gesunde öffentliche Kassen. Ohne Reformen und Sparanstrengungen wird das nicht gehen, sie müssen aber die sozial ohnehin Benachteiligten schonen.

Nachhaltigkeit erfordert auch eine Stärkung der staatlichen Einnahmen, vor allem eine Beteiligung der Vermögenden. Eine Grundsteuer, um Immobilienbesitz effektiv zu besteuern, und andere Vermögenssteuern würden einen wichtigen Beitrag zur gerechteren Verteilung der Steuerlast leisten. In diesem Punkt müssen Rat und Kommission weg von ihrer Fixierung auf Maßnahmen der Ausgabenseite. Stattdessen sollten sie Maßnahmen zur gerechteren Verteilung der Steuerlast der griechischen Regierung besonders berücksichtigen. Anstatt Druck zu exzessiven Privatisierungsprogrammen benötigt die griechische Regierung politische Unterstützung in dieser innenpolitisch schwierigen Angelegenheit.

Als weiterer Schritt zur Solidität muss ein Schuldenschnitt die Sparanstrengungen Griechenlands begleiten. Auf diesem Weg können auch private Investoren dazu gebracht werden, einen Teil der Konsolidierungslast zu tragen. Ohne Schuldenschnitt hat Griechenland keine Chance, wieder auf die Beine zu kommen.

Nachhaltigkeit bedeutet für Griechenland insbesondere die Investitionen in Zukunftsbereiche, wie erneuerbare Energie und Bildung zu sichern. Euro-Projekt-Anleihen spielen hierbei eine Schlüsselrolle, denn sie sichern diese Investitionen in Zeiten notwendiger Sparmaßnahmen.

Ein solches Programm aus Solidarität, Solidität und Nachhaltigkeit ist allemal klüger als die Rhetorik des Strafens und Herabwürdigens, die derzeit die deutsche Euro-Debatte prägt. Ein stabiler Euro liegt letztlich im Interesse aller in Europa.