Sven Giegold

Länderbezogene Berichterstattung von Großunternehmen: Durchbruch gegen Korruption, Chance gegen Steuervermeidung vertan

Heute haben sich Europaparlament, Rat und Kommission auf einen Kompromiss zur Revision der Buchhaltungs- und der Transparenzrichtlinie geeinigt. Die Buchhaltungsrichtlinie regelt Buchhaltungsnormen für alle Unternehmen, während die Transparenzrichtlinie Veröffentlichungspflichten für börsennotierte Unternehmen festlegt. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat sich im vergangenen Jahr für eine umfassende länderbezogene Berichterstattung ausgesprochen. Demnach hätten alle großen europäischen Unternehmen offenlegen müssen, wie hoch in allen Ländern, in denen sie aktiv sind, ihre Gewinne und gezahlten Steuern sind. Im Rechtsausschuss wurde diese Forderung anschließend nur auf Rohstoff- und Forstwirtschaftsunternehmen begrenzt. Diese Kompromissposition konnte in den heute abgeschlossenen Verhandlungen gegen schweren Widerstand im Rat durchgesetzt werden. Das Bundesministerium für Justiz, das dieses Dossier für Deutschland federführend verhandelte, ist maßgeblich für die lange Blockade des Rates verantwortlich. Im Juni werden die Kompromisstexte im Plenum bestätigt.

 

Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentiert das Verhandlungsergebnis:

“Länderbezogene Berichterstattung ist ein Schlüsselinstrument, um Steuervermeidung und Korruption einen Riegel vorzuschieben. Die Pflicht zur Offenlegung für große Unternehmen, die in der Rohstoffindustrie und der Forstwirtschaft tätig sind, ist ein Erfolg des Europaparlaments. Dieser Erfolg ist letztlich aber den jahrelangen Kampagnen der Zivilgesellschaft zu verdanken.

Der heute erreichte Kompromiss ist ein großer Fortschritt im Kampf gegen Korruption und für Entwicklung in rohstoffreichen Ländern. Die Chance für wirksame Maßnahmen gegen Steuervermeidung transnationaler Unternehmen wurde allerdings vertan. Gegen den Widerstand aus Berlin war die Schaffung von Transparenzpflichten für alle großen international agierenden Unternehmen nicht durchsetzbar. Das ist bitter, denn im Rat brauchen wir für die Revision der Buchhaltungsrichtlinie und der Transparenzrichtlinie keine Einstimmigkeit, die bei Steuerfragen regelmäßig europäische Lösungen blockiert.

Gerade nach den Enthüllungen von Offshore-Leaks bleiben die europäischen Transparenzregeln ein möglicher Hebel gegen Steuervermeidung transnationaler Unternehmen. Für Zivilgesellschaft und Bundesregierung gilt daher: Nach der Reform ist vor der Reform. Die länderbezogene Berichterstattung, die vom Europaparlament jüngst für Banken erstritten wurde, muss weiterhin auf international agierende Unternehmen ausgeweitet werden.

Erfreulich ist, dass unserer kleinen fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe “friends of transparency” schon im Vorfeld ein Coup gelungen ist: Wir haben die EU-Kommission vor Veröffentlichung ihres Vorschlags überzeugt, dass länderbezogene Veröffentlichungspflichten für Rohstoff- und Forstunternehmen nicht nur für börsennotierte Unternehmen gelten dürfen. So übernahm die Kommission ihre ursprünglichen Vorschläge für die Transparenzrichtlinie auch in die Buchhaltungsrichtlinie.”

Mehr Informationen zur länderbezogenen Berichterstattung finden Sie hier: http://www.globalpolicy.org/images/pdfs/GPFEurope/Arbeitspapier_-_Country-by-Country.pdf

 

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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