Sven Giegold

Luxemburg-Leaks: Junckers europäische Glaubwürdigkeit ist beschädigt

EU-Kommission muss Aktionsprogramm vorlegen, Schäuble eine Allianz gegen Steuerdumping schmieden.

Die Veröffentlichung der Luxemburg- Leaks-Dokumente durch das internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) kommentiert der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament und langjährige Steueroasen-Kritiker Sven Giegold:

„Junkers Glaubwürdigkeit ist beschädigt, sich als EU-Kommissionspräsident für das Europäische Gemeinwohl einzusetzen. Noch nie war an so konkreten Beispielen sichtbar, wie und in welchem Ausmaß transnationale Unternehmen Steuern um Milliardenbeträge drücken. Die Veröffentlichung ist ein Glücksfall und historische Gelegenheit für den Kampf gegen Steueroasen. Juncker war als Finanzminister und Premier Luxemburgs für die Einführung der maßgeschneiderten Steuerbescheide verantwortlich. Juncker hat sich so zum Komplizen von Steuerdrückern gemacht und damit andere EU-Staaten um Steuermilliarden gebracht. Er hat damit Europa geschadet. Nun muss Juncker ein Aktionsprogramm gegen aggressives Steuerdumping vorlegen. Nur so kann er die Zweifel an seinem Interessenkonflikt als Kommissionspräsident ausräumen.

Die Mitgliedsländer müssen direkt am morgigen Freitag beim Treffen der Wirtschafts- und Finanzminister (EcoFin) reagieren. Wie bei Offshore-Leaks hat Finanzminister Schäuble nun die Chance, diese Gelegenheit beim Schopfe zu ergreifen. Mit dem Rückenwind des Skandals muss er eine Allianz schmieden, um effektive Maßnahmen gegen das Steuerdumping im Europäischen Binnenmarkt durchzusetzen. Die Niederlande, Irland, Österreich und Luxemburg müssen ihren Widerstand endlich aufgeben. Frankreich und Deutschland dürfen sich nicht länger von ihren Nachbarn steuerlich ausbluten lassen. Die vorsichtigen Maßnahmen der OECD (BEPS) genügen nicht. Gerade der Eurogruppen-Chef und niederländische Sozialdemokrat Dijsselbloem ist hier genauso in der Pflicht wie auch die Luxemburgische Regierung. Seit Jahren kommt die Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage (GKKB) nicht voran. Das Europaparlament fordert, die GKKB verbindlich zu machen. Das muss nun endlich umgesetzt werden. Die deutsche Bundesregierung blockiert in Brüssel seit Jahren verbindliche Regeln zur Steuertransparenz. Die große Koalition hat die Ablehnung der länderbezogenen Berichtspflichten („country-by-country reporting“) sogar in den Koalitionsvertrag geschrieben.

Die EU-Kommission kann zudem endlich einen Vorschlag für europäische Mindeststeuersätze in der Unternehmensbesteuerung vorlegen. Dann wäre den Steuerschiebereien endlich ein Riegel vorgeschoben.

Das wirksamste Mittel der EU gegen aggressive Steuervermeidung liegt in der Wettbewerbspolitik. Hier gibt es keine Blockademöglichkeit durch die Mitgliedsländer. Nun ist die Wettbewerbskommissarin Vestager gefordert. Das kleine Referat in der Generaldirektion Wettbewerb, das zu Steuerdumping arbeitet, besteht gerade einmal aus acht Personen. Das ist ein Witz. Es muss personell mindestens vervierfacht werden. Außerdem muss die EU-Kommission die Möglichkeiten des Beihilferechts jetzt scharf anwenden und gegen Steuerdumping mit Rückforderungen hart vorgehen. Frau Vestager, haben Sie Mut! Jetzt ist Ihre Zeit!“

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Rubrik: Wirtschaft & Währung

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