Sven Giegold

Stellungnahme zur Anzeige gegen Besetzer*innen der Grünen-Landesgeschäftsstelle

Mich erreichten viele Beschwerden bezüglich der Anzeige der Besetzer*innen der Landesgeschäftsstelle von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN NRW, auf die ich hiermit eingehen werde.

 

Grundsätzlich möchte ich voranstellen, dass ich als engagierter Klimaschützer und Grüner große Sympathie für das Anliegen der Besetzer*innen habe. In der Tat ist jede geförderte und jede zur Energiegewinnung verfeuerte Tonne Braunkohle eine zu viel, und wir brauchen global und auch vor Ort einen konsequenten Ausstieg aus der Kohle. Zudem habe ich selbst oft an Aktionen Zivilen Ungehorsams teilgenommen und habe auch vor, das in Zukunft wieder zu tun. Grundsätzlich halte ich auch die Besetzung unserer Landesgeschäftsstelle für ein legitimes Mittel für die Klimabewegung.

Die Darstellung der Besetzer*innen ist jedoch nicht ganz korrekt. So war z.B. der Kraftswerksstandort in Datteln bei der Besetzung überhaupt kein Thema.

Selbstverständlich hätten wir als Grüner Landesverband eine Räumung der Geschäftsstelle gerne vermieden. Da die Besetzer*innen jedoch trotz mehrfacher Gesprächsangebote – unter anderem wurde ihnen angeboten, mit den grünen Mitgliedern der Landesregierung und Mitgliedern der Landtagsfraktion das Anliegen zu erörtern -darauf bestanden haben, das Gebäude nicht freiwillig zu verlassen, wurden sie sowohl durch die Landesvorsitzenden, als auch später durch die Polizei über die Konsequenzen einer Räumung informiert.

In diesem Zusammenhang wurde ihnen auch mitgeteilt, dass eine Räumung nur dann stattfinden kann, wenn ein Strafantrag gestellt wird, schlicht weil die Polizei sonst nicht räumt. Während ein Teil der Besitzerinnen und Besetzer daraufhin die Geschäftsstelle verlassen hat, haben andere bewusst den Strafantrag in Kauf genommen und darauf bestanden, das Gebäude nicht freiwillig zu verlassen. Die Räumung war angemessen, weil die Besetzer die praktische Arbeit behinderten, nämlich den Zugang zu unseren Wahlkampfmaterialien. Zudem war die ultimative Forderung, eine Presseinformation im Namen der Besetzer*innen zu versenden, unakzeptabel. Mit beidem war das Prinzip des Symbolischen bei einem Rechtsbruch durch Zivilen Ungehorsam überschritten. Selbstverständlich hätten wir eine einvernehmliche Beendigung der Besetzung unserer Räumlichkeiten vorgezogen. Die Rücknahme des Strafantrages würde aber eine nachträgliche Legitimierung der Besetzung bedeuten, die insbesondere vor dem Hintergrund der Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeiter*innen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN NRW nicht angemessen wäre. Eine kurze Zusammenfassung des Ablaufs der Besetzung und Antworten auf alle weiteren Fragen zu diesem Thema finden Sie hier: http://www.gruene-nrw.de/details/nachricht/faqs-zur-besetzung-der-gruenen-landesgeschaeftsstelle-am-30-august-2013.html

Anfang des Jahres habe ich zusammen mit Bärbel Höhn und der Grünen Jugend im Landesvorstand einen Anlauf unternommen, um doch noch eine gütliche Einigung zu erreichen. Das fruchtete jedoch leider nicht, auch weil die Besetzer*innen kein verschärftes Interesse an diesem Prozess zeigten und auch nicht signalisieren wollten, dass sie mit der Bedingung, eine uns selbst diskreditierende Presseinfo zu versenden, zu weit gegangen sind. Damit gilt nun das Prinzip des Zivilen Ungehorsams: Wer Recht bricht, muss auch die Verfolgung durch den Rechtsstaat und ggf. Strafen in Kauf nehmen (Rawls).

Ich unterstütze ausdrücklich Ihre Forderung, dass NRW im Klimaschutz nicht nachgeben und einen beschleunigten Ausstieg aus der Kohle verfolgen sollte. Als Grüne sind wir der kleinere Partner einer Koalition mit der SPD und können dementsprechend unsere eigenen klima- und energiepolitischen Vorstellungen nicht vollständig umzusetzen. Trotzdem kann sich die Bilanz der rot-grünen Landesregierung in NRW in dieser Hinsicht sehen lassen. Hier finden Sie ein FAQ rund um die Verkleinerung des Tagebaus Garzweiler, die ich als wichtigen Erfolg bewerte: http://www.gruene-nrw.de/details/nachricht/faqs-braunkohletagebau-garzweiler-ii.html

Natürlich können wir uns auf diesen Erfolgen nicht ausruhen. Deswegen muss weiter in den Parlamenten und auch außerhalb Druck für konsequenten Klimaschutz gemacht werden. Ob eine Besetzung unsere Landesgeschäftsstelle dafür ein besonders gelungenes Mittel ist, weiß ich nicht. Trotzdem wünsche ich mir, dass sich die Umwelt- und Klimaschutzbewegung an dieser Frage nicht spalten lässt.

 

Mit grünen europäischen Grüßen

Sven Giegold

 

Rubrik: Europa vor Ort

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