Sven Giegold

Wettbewerbsverfahren gegen Engie: EU-Kommissarin Vestager treibt gerechteres Europa voran

EU-Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager setzt ihren Kampf gegen Steuerdumping unbeirrt fort. Drei Wochen nach der Rückforderung von 13 Milliarden Euro Steuerzahlungen vom US-Riesen Apple nimmt die Kommission ein europäisches Schwergewicht ins Visier. Die europäischen Wettbewerbshüter eröffneten heute ein Verfahren gegen den französischen Energieversorgungskonzern Engie (vormals: GDF-Suez). Luxemburg soll dem Unternehmen mit maßgeschneiderten Steuervorbescheiden (“tax rulings”) geholfen haben, seine Gewinne in Luxemburg künstlich kleinzurechnen. Dabei wurden von 2009 bis 2011 Kreditverträge zwischen mehreren luxemburgischen Tochtergesellschaften von GDF-Suez auf der einen Seite als Eigenkapital und auf der anderen Seite als Fremdkapital qualifiziert. Unter dem Strich konnte dadurch die eine Konzerntochter Zinsaufwendungen aus dem Kredit (Fremdkapital) steuermindernd geltend machen, während die andere Konzerntochter von der Steuerbefreiung von Dividenden (Eigenkapital) in Luxemburg profitierte. Die doppelte Nichtbesteuerung von Gewinnen widerspricht luxemburgischen Steuergesetzen und bedeutet eine EU-rechtswidrige Bevorteilung gegenüber anderen Unternehmen.

Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, kommentiert:

“Vestagers Konsequenz im Kampf gegen Steuerdumping ist das beste, was derzeit für ein gerechteres Europa passiert. Anders als die Staats- und Regierungschefs in Bratislava geht Margrete Vestager Europas wirtschaftliche Probleme an. Der amerikanische Finanzminister sollte jetzt einsehen: Die EU-Wettbewerbskommissarin kämpft nicht einseitig gegen amerikanische Unternehmen, sie sorgt lediglich für fairen Wettbewerb. Alle Unternehmen, die in der EU Geschäft betreiben, müssen sich an die Wettbewerbsregeln halten – unabhängig davon, ob sie in Europa oder woanders registriert sind. Konzerne, die Steuervorteile zu Unrecht erhalten haben, müssen diese zurückbezahlen. Das ist keine Bestrafung, sondern sorgt für gerechten Wettbewerb.

Präsident Hollande kann jetzt zeigen, wie ernst ihm der Kampf für Steuergerechtigkeit ist. Nach öffentlichkeitswirksamen aber folgenlosen Durchsuchungen bei Google kann Frankreich jetzt Rückforderungen an Engie stellen. Hollande könnte Schäuble und Söder vormachen, wie die Bürgerinnen und Bürger vom europäischen Kampf um Steuergerechtigkeit profitieren können.

Wieder steht Luxemburg wegen illegalen Staatsbeihilfen am Pranger. Nach der Strafe gegen Fiat und den laufenden Verfahren gegen Amazon und McDonald’s ist Engie nun der vierte Fall im Großherzogtum, bei dem europäisches Wettbewerbsrecht mutmaßlich gebrochen wurde. Laut einer Studie der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament soll auch IKEA von einer Sonderbehandlung in Luxemburg profitiert haben. Juncker tut gut daran, Vestager weiter freie Hand zu lassen, wirksam durchzugreifen.

Die EU-Kommission darf sich deshalb nicht länger mit Untersuchungen durch die Wettbewerbsbehörde begnügen, sondern muss auch bei der Steuertransparenz Gas geben. Wir warten noch immer auf den Vorschlag für eine gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer und einen Mindeststeuersatz für Unternehmenssteuern in der EU. Der Rat der Mitgliedstaaten muss sich endlich auf eine öffentliche länderübergreifende Finanzberichterstattung für alle Unternehmen in der EU einigen. Nur so können wir Steuerdumping in der EU effektiv verhindern.”

 

Die Pressemitteilungen der Europäischen Kommission finden Sie hier (derzeit nur auf Englisch):

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-3085_en.htm

Die Studie zu den Steuerspartricks von IKEA in Luxemburg, Belgien und den Niederlanden gibt es hier: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2016/02/studie.pdf

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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