Sven Giegold

Wolfgang Strengmann-Kuhn: Kleinrechnen der Hartz IV-Regelsätze beenden

Anlässlich der Behandlung des Gesetzentwurfs zur Neuermittlung der Hartz IV-Regelbedarfe in der morgigen Kabinettssitzung erklärt Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Sozialpolitik:

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist gespickt mit groben methodischen Fahrlässigkeiten und Rechentricks. Wie schon bei der letzten Regelsatzberechnung wird der Regelsatz klein gerechnet. So werden willkürlich Ausgaben, wie Malstifte für Kinder oder Adventsschmuck, gestrichen. Auch Handykosten werden nicht berücksichtigt. Durch diese Streichungen erhalten die Leistungsbeziehenden im Ergebnis erheblich weniger als die 15 Prozent der Bevölkerung, die mit den geringsten Einkommen auskommen und die als Vergleichsgruppe für die Berechnung verwendet werden.

Die Berechnung der Bedarfe der Kinder grob fahrlässig. Die Streichung von Ausgaben wirkt sich bei ihnen besonders stark aus. Zudem ist die Zahl der Haushalte, auf deren Grundlage die Bedarfe der Kinder ermittelt werden, viel zu klein um verlässliche Aussagen zu treffen. Mit diesem Vorgehen gefährdet die Bundesregierung das Wohlergehen und die Zukunft dieser Kinder.
Überhaupt nicht nachvollziehbar ist die unzureichende Erstattung von unvermeidlichen größeren Anschaffungen, wie eines Kühlschrankes oder einer Waschmaschine. Die Leistungsberechtigten erhalten dafür nach dem vorgelegten Gesetzentwurf monatlich 3,23 Euro. Es ist völlig unrealistisch, dass sie sich davon Anschaffungen wie eine Waschmaschine leisten können.
Verfassungsrechtlich ist das Gesetz auf Kante genäht, da mehr als fraglich ist, ob die vom Bundesverfassungsgericht geforderten Ausgleichsmöglichkeiten für unterschiedliche Bedarfe tatsächlich vorhanden sind. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wurden unzureichend umgesetzt.

Wir fordern die Bundesregierung auf, bei der Ermittlung des Regelsatzes ausschließlich zuverlässige Methoden und aussagekräftige Zahlengrundlagen zu verwenden. Rechentricks haben bei der Ermittlung der Regelbedarfe nicht zu suchen. Das Ergebnis wäre ein deutlich höherer Regelsatz. Dieser wäre auch notwendig, um allen Menschen ein menschenwürdiges Leben und echte Teilhabe zu ermöglichen.

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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