Sven Giegold

EU-Parteienfinanzierung: Reform sollte alle Macht dem Wähler geben

Der EU-Verfassungsausschuss (AFCO) hat diese Woche eine Reform der Finanzierung Europäischer Parteien und ihnen nahe stehenden Stiftungen beschlossen. Die bisher 15 Prozent Basisförderung für Parteien sollen auf 10 Prozent reduziert werden. Der Anteil der Finanzierung nach den gewählten Europaabgeordneten stiege damit von 85% auf 90%. Die Grünen hatten diesem Kompromiss mit den großen Fraktionen von Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen letztlich zugestimmt, um eine Kürzung auf 5 Prozent zu verhindern. Diese hatte die EU-Kommission vorgeschlagen. Mit der Reform soll der Missbrauch der Parteienfinanzierung durch Bildung europäischer Scheinparteien bekämpft werden. Der Beschluss des Parlaments ist Grundlage für bald beginnende Verhandlungen mit dem Rat der Mitgliedstaaten.

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Alle Macht den Wählern” sollte Leitmotiv einer Reform der Parteienfinanzierung sein. Bisher erhalten die EU-Parteien Geld nach der Zahl ihrer Europaabgeordneten. Stimmen an kleinere Parteien führen in Ländern wie Großbritannien, Frankreich und vielen kleinen Staaten selten zu Europaabgeordneten. Das europäische Geld wird also gemäß nationalem Wahlrecht statt nach dem gesamt-europäischem Wählervotum vergeben. Wir Grüne fordern deshalb, dass die Finanzierung der europäischen Parteien nach ihrem gesamteuropäischen Wahlergebnis geschieht. Jede Stimme sollte dem europäischen Haushalt gleich viel wert sein, egal wo sie abgegeben wurde. Damit wäre die Parteienfinanzierung so europäisch, wie wir auch das Wahlrecht gestalten wollen. Die Europäische Parteienfinanzierung ist wichtig für die Förderung der Europäischen Öffentlichkeit und Demokratie und sollte deshalb europäisch und nicht national definiert sein.

Zudem ist der heutige Kompromiss einer Basisfinanzierung von 10 Prozent eine wackelige Krücke. Die Basis-Finanzierung ersetzt die Stimmen, die Parteien in vielen Mitgliedstaaten erhalten ohne dass es für einen Abgeordnetensitz reicht. Statt die Wirkung nationaler Hürden zwischen europäischem Wählervotum und EU-Parteifinanzierung auszugleichen, sollten diese Hürden abgeschafft werden. Wir begrüßen die Zusage der zuständigen Vertreter der Konservativen und Sozialdemokraten diese Verknüpfung der Parteienfinanzierung mit dem Wählervotum bei der nächsten Reform des Wahlrechts anzugehen. Dafür danke ich den Berichterstattern, Rainer Wieland (CDU), und Mercedes Bresso (italienische Sozialdemokratin).

Der Ausgangspunkt der Reform, Maßnahmen gegen Missbrauch durch sogenannte “Scheinparteien”, war und ist richtig. Die Konsolidierung von früher 16 auf jetzt 10 Europäische Parteien entspricht der Realität.”

 

HINTERGRUND

Die Zusage von Rainer Wieland (CDU/EVP, DE) und Mercedes Bresso (PD/S&D, IT) ist in dieser Videoaufzeichnung der Ausschussdebatte abrufbar: http://www.europarl.europa.eu/ep-live/de/committees/video?event=20171121-0900-COMMITTEE-AFCO

 

Der Entwurf der Berichterstatter und die Änderungsanträge zur Abstimmung im AFCO zum Vorgang 2017/0219(COD) findet sich hier: http://www.europarl.europa.eu/committees/en/afco/draft-reports.html?ufolderComCode=AFCO&ufolderLegId=8&ufolderId=11001&linkedDocument=true&urefProcYear=&urefProcNum=&urefProcCode=