Sven Giegold

Bundesregierung will Whistleblower schlechter schützen als es das europäische Recht verlangt

Der Referentenentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Geschäftsgeheimnisrichtlinie ist öffentlich geworden. Mit dem “Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen” will die Bundesregierung den verschärften Schutz von Betriebsgeheimnissen in deutsches Recht umsetzen. Die Richtlinie war beim Beschluss 2016 im Europaparlament sehr umstritten, weil der Schutz von Geschäftsgeheimnissen exzessiv ausgeweitet wird. Immerhin war es unserer Grünen Fraktion (Federführung: Piratin Julia Reda) damals gemeinsam mit Abgeordneten anderer Fraktionen gelungen, einen stärkeren Schutz von Whistleblowern durchzusetzen. Der Druck des Parlaments war eine Konsequenz aus der straf- und zivilrechtlichen Verfolgung von Whistleblowern wie Antoine Deltour (LuxLeaks) und der spärlichen eigenständigen Aufdeckung schwerer Wirtschaftskriminalität durch die Behörden.

 

Zur deutschen Umsetzung der Richtlinie sagt der Berichterstatter des Europaparlaments für “Transparenz, Integrität und Rechenschaftspflicht der EU-Institutionen”, Sven Giegold:

“Der Gesetzentwurf ist ein Schlag ins Gesicht derer, die im öffentlichen Interesse handeln. Die Bundesregierung will Whistleblower schlechter schützen, als es das europäische Recht verlangt. Whistleblower sollen nur vor Strafen geschützt sein, wenn sie in der Absicht handeln, das öffentliche Interesse zu schützen. Viele Hinweisgeber handeln jedoch nicht nur aus rein selbstlosen Motiven. Oftmals spielen persönliche Beziehungen eine große Rolle. Maßstab für den Schutz von Whistleblowern sollte das Ergebnis, nicht das Motiv ihres Handelns sein. Daher will das europäische Recht den Schutz aller Whistleblower, die im öffentlichen Interesse handeln. Eine Gesinnungsprüfung war ausdrücklich nicht Absicht des europäischen Gesetzgebers.

Whistleblower sollten nicht nur geschützt werden, wenn sie Gesetzesbrüche veröffentlichen. Whistleblower verdienen auch Schutz vor Strafe, wenn sie die Verletzung unternehmensinterner oder berufsständischer Regeln öffentlich machen. Das wird im europäischen Recht ausdrücklich gefordert, während es im Referentenentwurf fehlt. Auch hier ist das europäische Recht freundlicher zu Whistleblowern als die Bundesregierung.

Das europäische Recht bringt auch in Deutschland einen besseren Schutz von Whistleblowern bei Offenlegung von Wirtschaftskriminalität. Aber die neue Ausweitung des Begriffs der Geschäftsgeheimnisse schränkt Informationsfreiheitsanfragen ein. So kann der Staat leichter die Beantwortung von Bürgerfragen mit Berufung auf Geschäftsgeheimnisse einschränken als bisher. Umso wichtiger ist, dass die Bundesregierung alle Spielräume des europäischen Rechts nutzt, um das Gemeinwohl zu stärken. Hier muss die Bundesregierung in mehreren Punkten nachbessern.”

Rubrik: Demokratie & Lobby, Klima & Umwelt

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